Teilnarkose

Bei einer Teilnarkose, der sogenannten Regionalanästhesie, betäuben wir nur die Bereiche des Körpers, die operiert oder behandelt werden. Die Patient:innen behalten ihr Bewusstsein, empfinden aber an den betäubten Stellen keine Schmerzen.

Es gibt verschiedene Methoden der Regionalanästhesie, die wir Ihnen gerne vorstellen möchten.

Periphere Nervenblockaden

Unsere peripheren Nerven übertragen Informationen zum Gehirn, so auch die Information über Schmerzen. Das Gehirn wiederum gibt seine Befehle über dieselben Nerven weiter, z. B. an die Muskeln, die sich anspannen.

Die peripheren Nerven sammeln sich in aller Regel vor der Wirbelsäule und bilden dort Geflechte (= Plexus).

Bei einer Operation am Arm oder am Bein können wir zunächst die zugehörigen Nerven oder Nervengeflechte betäuben, damit Sie keine Schmerzen mehr empfinden. Vielleicht kennen Sie den "Ischias", der aus der Wirbelsäule kommt und über das Gesäß bis zum Fuß läuft. Die Vorderseite des Beins wird von einem Nerv versorgt, der an der Leiste gut erreichbar ist (Femoralis-Nerv). Am Arm gibt es gleich drei verschiedene Nerven (Ulnaris-Nerv am "Musikantenknochen", Medianus-Nerv, Radialis-Nerv), die einzeln oder gemeinsam betäubt werden können.
 

Wie funktionieren die peripheren Blockaden?

Nerven liegen unter der Haut und können nicht ohne weiteres gefühlt oder gesehen werden. Um die Nerven auffinden zu können, fahren wir mit einer feinen Nadel über die ein schwacher elektrischer Strom geleitet wird, über die Haut. Werden Nerven gereizt, zucken die zugehörigen Muskeln. Wir schauen, ob die "richtigen" Muskeln zucken, und können dann die Betäubung über die feine Nadel durchführen. Zuvor wird die Haut desinfiziert und steril abgedeckt.

Rückenmarknahe Verfahren

Bevor die Schmerz-Informationen in das Gehirn gelangt, durchlaufen sie im Rücken in einem knöchernen Kanal der Wirbelsäule (=Spinalkanal) noch einige Umschaltstationen. Diese Schaltstationen heißen Rückenmark. Das Rückenmark reicht im Spinalkanal etwa von Höhe des Bauchnabels bis zum Gehirn und wird von einer Flüssigkeit (=Liquor) umspült. Im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins, also unterhalb des Bauchnabels, liegen nur Nerven im Spinalkanal. Dort können wir mit extrem feinen, kaum spürbaren Nadeln punktieren und ein Lokalanästhetikum (lokales Betäubungsmittel) spritzen, ohne Gefahr zu laufen, versehentlich das Rückenmark zu verletzen. Diese Form der Betäubung nennt man Spinalanästhesie. Mit ihr können wir beide Beine und auch den Unterleib komplett betäuben, sodass Sie in diesen Bereichen keine Schmerzen mehr spüren.

Dort, wo die Nerven aus dem Spinalkanal heraustreten, liegt ein besonderer Raum, der Periduralraum. Entlang der Wirbelsäule ist dieser Raum ebenfalls sehr gut geeignet, um Nerven zu betäuben und vor allem auch kleine Katheter einzulegen, die längere Zeit zur Schmerztherapie genutzt werden können.
 

Wie funktionieren rückenmarknahe Verfahren?

Rückenmarknahe Betäubungen führen wir immer vom Rücken aus durch. Sie sitzen oder liegen dabei. Auch hier desinfizieren wir die Haut und decken sie steril ab. Mit feinen Nadeln punktieren wir anschließend entweder den Spinalraum oder den Periduralraum. Die eigentliche Betäubung bemerken Sie, wenn z. B. Schmerzen nachlassen oder Sie Ihre Beine nicht mehr spüren (z. B. für eine Operation).

Für die verschiedenen Körperbereiche gibt es unterschiedliche Betäubungsarten:

Plexusanästhesie zur Betäubung eines Armes
Die lokale Betäubung wird achselhöhlennah oder unterhalb des Schlüsselbeins oder am Hals gespritzt. Wir lokalisieren hierfür zunächst das Nervengeflecht mit einem Nervenstimulator. Bei richtiger Lage zucken die Schulter, der Arm oder die Finger.

Spinalanästhesie zur Betäubung der unteren Körperhälfte
Für Eingriffe, die unterhalb des Nabels durchgeführt werden, kann eine gute Schmerzausschaltung durch Injektion eines Betäubungsmittels in den Spinalraum erzeugt werden. Dazu betäuben wir zunächst die Haut im Lendenwirbelsäulenbereich, damit Sie die anschließende Punktion nicht spüren. Die Punktion kann im Sitzen oder in Seitenlage durchgeführt werden. Nach der Injektion des Betäubungsmittels entfernen wir die Nadel wieder. Die Zeitdauer bis zum Wirkungseintritt beträgt ca. 5-15 Minuten.

Periduralanästhesie zur Betäubung/Schmerzausschaltung der unteren Körperhälfte
Bei dieser Anästhesieform spritzen wir in den Periduralraum Lokalanästhetika oder führen sie kontinuierlich über einen dünnen Schlauch ein, um Schmerzen auszuschalten. Die Kanüle entfernen wir nach dem Legen des Katheters wieder. Nach Abschluss der Operation kann der liegende Katheter zur weiteren Schmerztherapie genutzt werden.

Für alle diese Verfahren gilt:

Die Betäubung kann gleichzeitig Schmerzen ausschalten und die Bewegungsfähigkeit einer Extremität einschränken.

Während der Operation können Sie, falls gewünscht, schlafen oder wach bleiben, ganz wie Sie es wünschen oder der Narkosearzt / die Narkoseärztin es empfiehlt. Sie brauchen also keine Angst davor zu haben, dass Sie etwas hören, oder sehen, was Sie belasten könnte.

Welches Verfahren das Beste für Ihren Eingriff ist, wird mit den Narkoseärzt:innen im Prämedikationsgespräch besprochen.

Sollten starke Schmerzen erfahrungsgemäß länger anhalten (z. B. bei bestimmten Eingriffen an den Beinen, an der Schulter oder am Arm sowie im Bauch), können wir die Betäubungsmittel nicht nur einmal verabreichen, sondern auch Schmerzkatheter für die Tage nach der Operation einlegen. Über die Schmerzkatheter können dann weiterhin Betäubungsmittel gegeben werden, so dass Sie auch über mehrere Tage schmerzfrei sind.

Risiken der Teilnarkose

Wir unterziehen unsere Narkose- und Überwachungsgeräte regelmäßig einem Sicherheits-Check und bilden unser medizinisches Personal ständig weiter. So wird das Risiko für unsere Patientinnen und Patienten, bei einem Anästhesieverfahren zu Schaden zu kommen, deutlich minimiert.
Bei mehreren zehntausend Anästhesien ereignet sich nur ein folgenschwerer Zwischenfall.

Trotz modernster Medikamente und Überwachungstechnik ist dennoch kein medizinisches Verfahren ohne Risiko, deshalb möchten wir Sie gerne über die Risiken aufklären.

Auch bei einer Regionalanästhesie überwacht ein Anästhesist / eine Anästhesistin Ihre Körperfunktionen vor, während und nach der Operation. Neben den allgemeinen Risiken, die durch die erforderlichen Narkosemedikamente und die Lagerung zur Operation entstehen können, gibt es spezielle Risiken der Teilnarkose, die wir Ihnen gerne vorstellen möchten:
 

Risiken der Spinal- und Periduralanästhesie

Nach einer Spinalanästhesie (seltener auch nach einer Periduralanästhesie) können starke Kopfschmerzen auftreten. Diese klingen in der Regel nach wenigen Tagen wieder ab. Selbstverständlich erhalten Sie in diesem Fall auch entsprechende Schmerzmittel. Sollte dieser sogenannte "postspinale Kopfschmerz" bei Ihnen auftreten, empfehlen wir, möglichst Bettruhe einzuhalten und viel zu trinken. Gegebenenfalls kann auch eine Infusionstherapie helfen. In einzelnen Fällen hilft auch das Einspritzen von Eigenblut in den Periduralraum ("Blood Patch"). Nur in Ausnahmefällen können die Kopfschmerzen auch Monate oder Jahre andauern.
 
Häufig kommt es nach einer Spinal- oder Periduralanästhesie zu einem Harnverhalt, das heißt, Betroffene können ihre Blase nicht vollständig entleeren. In Einzelfällen ist dann das Einlegen eines Blasenkatheters erforderlich.

Eine direkte Verletzung des Rückenmarks ist bei der Spinalanästhesie und der Periduralanästhesie im Bereich der Lendenwirbelsäule nahezu ausgeschlossen, da das Rückenmark in der Regel oberhalb der Punktionsstelle endet. Bei einer Periduralanästhesie im Bereich der Brustwirbelsäule ist eine solche Verletzung sehr selten.

Bleibende Lähmungen (im äußersten Fall Querschnittslähmung) sind auch als Folge von Blutergüssen, Entzündungen oder Nervenverletzungen extrem selten. Gleiches gilt für bleibende Verschlechterungen des Hör- oder Sehvermögens, Potenzstörungen und eine Hirnhautentzündung.
 

Spezielle Risiken der Armplexus- und intravenösen Anästhesie

Blutergüsse durch Gefäßpunktionen bilden sich in der Regel von selbst zurück. Ein länger anhaltendes Kribbeln des Arms oder eine Gefühlsstörung in Arm oder Nacken vergeht meist innerhalb von drei Monaten. Bleibende Nervenschäden (z. B. chronische Schmerzen) nach Nervenverletzungen, Blutergüssen oder Entzündungen sind selten, bleibende Lähmungen (z. B. Stimmbandnerv oder Zwerchfellnerv bei Zugang am Hals) sehr selten. Vorrübergehend kann bei einem Zugang am Hals ein Wärmegefühl im Gesicht und Heiserkeit auftreten, das Augenlid der betroffenen Seite kann hängen und die Atmung leicht erschwert sein.

Bei Zugang im Bereich des Schlüsselbeins kann eventuell Luft in den Brustfellraum eindringen (Pneumothorax), dies kann sich durch erschwerte Atmung und /oder Schmerzen in der Brust bemerkbar machen. Gegebenenfalls kann es notwendig sein, die Luft abzusaugen (Drainage).

Gelangt eine größere Menge des Betäubungsmittels unmittelbar bei Einspritzung in den Blutkreislauf, kann es einen Krampfanfall auslösen, das Bewusstsein ausschalten und schwerwiegende, in sehr seltenen Fällen auch lebensgefährliche Herz- und Kreislaufreaktionen auslösen. Sehr selten kann es durch Einwirkungen des Betäubungsmittels auf das Halsrückenmark zu schwerwiegenden Kreislaufreaktionen, die eine Beatmung und ggf. eine intensivmedizinische Behandlung notwendig machen, kommen.

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