Das beste Gesundheitssystem der Welt! – Wirklich?

Neujahrsempfang 2023 des Fördervereins Brustzentrum e.V. „Die Revierinitiative“ - Nach zweijähriger Coronapause konnte die Veranstaltung wieder stattfinden
Neujahrsempfang des Fördervereins Brustzentrum e.V. "Die Revierinitiative" im Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen (NW), am Sonntag (22.01.2023). Univ.-Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff (Centrum für Krankenhaus-Management, Uni Münster, Center for Health Care Management and Regulation, HHL Leipzig Graduate School of Management) hielt einen Vortrag zum Thema "Wir haben das beste Gesundheitssystem der Welt! - Wirklich? Gedanken zur Situation und Zukunft der Versorgungsqualität".

Am 22. Januar 2023 veranstaltete der Förderverein Brustzentrum „Die Revierinitiative“ erstmalig wieder nach zweijähriger Coronapause einen Neujahrsempfang im Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen. Seit 2004 geben hochkarätige Vortragsgäste aus der Sicht ihrer jeweiligen Disziplin wie Philosophie, Psychologie, Theologie und Medizin Anregungen zur Bewältigung schwerer Lebenskrisen und machten den Empfang zu einer Art „Institution“ in Gelsenkirchen.

Nach vielen Jahren stand in diesem Jahr erneut die Gesundheitspolitik im Mittelpunkt des Empfangs. Die sich häufenden negativen Schlagzeilen über Missstände im Gesundheitswesen machten aus der Sicht des Vorstandes diese Themenwahl unumgänglich.

Die Vorsitzende des Fördervereins, Barbara Kols-Teichmann, hielt die Begrüßungsrede des Neujahrsempfangs.

In ihrer Begrüßung hob Barbara Kols-Teichmann, Vorsitzende des Fördervereins hervor: „Seit Jahrzehnten ist Gesundheitspolitik Kostendämpfungspolitik, die die Erwartung und Bedürfnisse schwerstkranker Menschen missachtet. Doch wer lebensbedrohend erkrankt ist, sucht Heilung und Zuspruch, ein Übermaß an Wohlwollen und Betreuung. Bei einer Erkrankung wie Krebs kann der Körper nur nachhaltig heilen, wenn auch die Seele heilt.“ Bereits vor 20 Jahren ließ sich dieser ganzheitliche Ansatz im Klinikalltag nicht ausreichend integrieren. Seitdem versucht der Förderverein diese Lücke ehrenamtlich zu schließen.

Dr. Abdallah Abdallah, Leiter des Brustzentrums Ruhrgebiet bei seiner Ansprache.

Vor allem die Coronakrise zeigte Deutschland die Schwachstellen im Gesundheitssystem auf. Bis heute sind die Kliniken und Arztpraxen überlastet, das Personal erschöpft und die Betten nicht ausreichend. Zu Recht stellt sich die Frage nach der Versorgungsqualität und ob sie noch konstant gewährleistet werden kann. „Brauchen wir nicht auch eine Zeitwende im Gesundheitswesen?“ fragte Dr. Abdallah Abdallah, Leiter des Brustzentrums Ruhrgebiet in seiner Ansprache. Denn Zentralisierung bewirke noch keine gute Medizin. Es brauche vielmehr personelle und finanzielle Ressourcen für medizinische Qualität.

Festredner Univ.- Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff teilte Gedanken zur Situation und Zukunft des Gesundheitssystems.

In seinem Vortrag zum Thema „Wir haben das beste Gesundheitssystem der Welt! – Wirklich? Gedanken zur Situation und Zukunft der Versorgungsqualität“ skizzierte Festredner Univ.- Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff zunächst wesentliche weltpolitische und innerdeutsche Faktoren, um deren Einfluss auf das deutsche Gesundheitssystem zu verdeutlichen. Prof. Wilfried von Eiff ist Leiter des Centrums für Krankenhaus-Management (Münster) sowie Academic Director am Center for Health Care Management and Regulation an der HHL Leipzig Graduate School of Management.

Als kompetenter Kenner des deutschen Krankenhaus- und Gesundheitssystems beleuchtete er dann kritisch gesundheitspolitische Entscheidungen der letzten Jahre und Jahrzehnte, deren negative Auswirkungen sich nun deutlich zeigten. So sei z. B. das System der Fallpauschalen nicht grundsätzlich falsch gewesen. Es hätte aber nicht als Sparmodell missbraucht werden dürfen. Er ermunterte Krankenhäuser gegenüber Politik und Öffentlichkeit darzulegen, dass sie durch ihre derzeitige Besteuerung die staatlichen Zuschüsse quasi selbst finanzierten. Kritisch sah er, auf Marktmechanismen zu setzen, obwohl es im Gesundheitssystem den hierfür unabdingbaren souveränen Konsumenten nicht geben könne und gleichzeitig starke Regulierungen vorgenommen worden sein und werden, wie beispielsweise bei Medikamenten.

Die Perspektiven im Gesundheitswesen sah er nur dann positiv, wenn die jetzige Prämisse der Kostenneutralität bei den anstehenden Reformen aufgegeben werde. Zudem müssten staatliche Vorgaben Käufe ausländischer Investoren von Krankenhäusern und Arztpraxen regulieren. Nach seinem Vortrag beantwortete er zahlreiche Fragen des interessierten Publikums.

Johannes Nebel und seine Big Band.

Die Big Band der städtischen Musikschule unter der Leitung von Johannes Nebel sorgte für einen musikalischen Rahmen der Veranstaltung.

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