Erst Spuren sichern, dann entscheiden

Frauen, die sexuell missbraucht wurden, können im EVK Spuren anonym sichern lassen.

Die Dunkelziffer an Sexualstraftaten ist hoch. Häufig wenden sich betroffene Frauen und Mädchen aus Angst oder Scham nicht an die Polizei. Die Initiative „Anonyme Spurensicherung“ (ASS) der Kommunalen Gesundheitskonferenz Gelsenkirchen bietet Opfern sexualisierter Gewalt die Möglichkeit, anonym Spuren sichern zu lassen.

Die Frauenklinik der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen ist Teil der Initiative. Hier können Frauen rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr Spuren einer Sexualstraftat sichern lassen. Die Spuren werden anschließend anonymisiert für zehn Jahre aufbewahrt und stehen den Patientinnen jederzeit für eine Anzeige zur Verfügung. „Viele Frauen denken, dass sie nur Beweise sichern lassen können, wenn sie die Polizei einschalten“, berichtet Jan-Erik Junker, Chefarzt der Frauenklinik. „Wir wollen Frauen mit der anonymen Spurensicherung vor allem Zeit verschaffen, das Erlebte zu verarbeiten und dann in Ruhe zu entscheiden, ob sie rechtliche Schritte einleiten möchten.“

Sichern und Aufbewahren von DNA-Spuren

Bei der Untersuchung werden DNA-Spuren wie Sperma, Haare, Hautpartikel und Speichel des Täters gesichert. Zudem werden Fotos von äußerlich sichtbaren Gewaltspuren wie Kratzern oder Hämatomen angefertigt. „Auch wenn es unangenehm ist: Die Frauen sollten nach der Sexualstraftat auf das Wechseln der Kleidung und Körperhygiene verzichten und möglichst schnell zu uns kommen, damit wir noch viele Spuren finden können“, rät Jan-Erik Junker, Chefarzt der Frauenklinik an den Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen.

Die gesicherten Spuren werden mit einer Chiffre-Nummer anonymisiert, die ausschließlich die betroffene Person erhält, und zehn Jahre lang aufbewahrt.  Entscheidet sich das Opfer für eine Anzeigeerstattung, können die Spuren für das gerichtliche Verfahren jederzeit bereitgestellt werden. ASS ist ein vertrauliches Verfahren. Das Krankenhauspersonal unterliegt der Schweigepflicht und darf ohne Einverständnis der Betroffenen keine Auskünfte an Dritte – auch nicht an die Polizei oder ähnliche Institutionen – erteilen. Die Kosten für die Spurensicherung und -speicherung übernehmen seit 2020 die Krankenkassen.

Frauen, die Spuren sichern lassen möchten, können rund um die Uhr die Notaufnahme der Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen aufsuchen. Von dort aus werden sie an die Frauenklinik vermittelt.

Weitere Informationen gibt es unter www.gelsenkirchen.de/anonyme-spurensicherung oder über die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt, Tel. 0209 207764. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016 bietet zudem rund um die Uhr ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben.

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